Schneller, besser, größer oder nicht?


Wir leben in einer Zeit in der alles schneller, besser, größer werden soll. Dieses Konstrukt zieht sich durch unsere gesamte Gesellschaft, durch jegliche Strukturen und Muster. Es spiegelt sich in unserer Arbeit, die schnelle und dennoch exzellente Ergebnisse liefern soll. Es spiegelt sich in unserem Konsum; wir bestellen heute und morgen sollen die Produkte da sein. In unserer Art Essen anzubauen, zu beziehen und dieses zu kochen.

Ich bin in einem Schulsystem mit G8 aufgewachsen. Schneller Abitur, mehr Schulstoff in kürzerer Zeit, damit letztendlich jüngere Absolventen für die weitere berufliche Laufbahn verfügbar gemacht wurden. An der Uni dann möglichst viel Wissen in kürzester Zeit lernen, um innerhalb von vier Jahren Vollzeitstudium fertige Osteopathen/innen zu werden. Der Druck auf junge sowie ältere Menschen viel innerhalb kürzester Zeit zu erlernen ist enorm. Dazu kommen riesige Mengen an Informationen, die wir täglich über Soziale Medien und die Onlinewelt aufsaugen, wobei wir alle noch nicht gelernt haben diese "Tools" richtig zu nutzen, ohne uns darin zu verlieren. 

Innerhalb dieses Konstruktes sind wir dann perfekt vorbereitet auf die Welt da draußen, es kommen Patienten mit jahrelangen Problemen, die sich innerhalb einer Behandlung auflösen sollen - selbstverständlich ohne etwas an dem täglichen "schneller, besser, größer" Pensum zu verändern. 

 

Auch in der Tierwelt spiegelt sich dieses Verhalten von uns Menschen wieder. Vor allem im Pferdesport sollen junge Pferde innerhalb kürzester Zeit zu enormen Leistungen hoch trainiert werden. Sodass junge, vierjährige Pferde Leistungen erbringen müssen, die rein anatomisch und biomechanisch gesehen (bei pferdegerechter Ausbildung) in ihrem Alter noch nicht erbracht werden sollten und erbracht werden können. 

 

Jetzt fragt ihr euch sicher was daran so schlecht ist. Es ist doch gut, dass wir schnelle Ergebnisse innerhalb kürzester Zeit erzielen, die früher viel länger gebraucht haben, oder? 

Ja und Nein! Denn alles hat seinen Preis. Und wir erfreuen uns an schnellen Ergebnissen, ohne dabei die Langzeitfolgen zu beachten, wenn diese dann eintreffen sind wir oft verwundert und erstaunt.

Vierjährige Pferde, die zu enormen Leistungen gebracht werden und mit elf, zwölf Jahren in Rente gehen...

Zwanzigjährige Menschen, die am Anfang ihres Berufslebens stehen und Burnout haben...

Gentechnisch manipuliertes Obst und Gemüse (schnell & groß gewachsen), mit den langfristigen, ernsten Auswirkungen auf die Gesundheit...

Und so ertappe ich mich dabei, wie ich morgens aufstehe mit dem Gefühl eine Hand an einem Elektrozaun zu haben. "Du musst jetzt schnell spazieren, in den Stall, einkaufen und lernen... Das Gefühl nie genug zu machen und der latente Dauerstress als steter Begleiter.

All das nehmen wir für die schnellen Ergebnisse und die schnelle Verfügbarkeit in Kauf.

 

Der Zustand in dem wir Handeln und etwas kreieren formt das Ergebnis!!!!

Der Zustand in dem wir handeln wirkt sich direkt auf unseren Zustand nach der Handlung aus! Das bedeutet wenn du dein Pferd gestresst trainierst, du in kurzer Zeit schnelle Ergebnisse im Training erzielen willst und du deinem Pferd keine Zeit lässt, die neuen Anforderungen nachhaltig zu verstehen, anzuwenden, umzusetzen und zu erfahren, wird sich das in deinem und dem Gefühl deines Pferdes unmittelbar nach dem Training und auch auf lange Sicht in eurem Befinden darstellen. 

Genau so wie sich die "schneller, besser größer Anforderungen" aus Schule und Beruf in unserem Grundbefinden spiegeln und zeigen. 

 

 

Aus diesem Grund möchte ich euch dazu ermutigen immer wieder "langsam" zu machen. Die Qualität zeigt sich in der langsamen Ausführung und der Langzeitperformance. Ihr habt sicher schon mal versucht 10, 20 oder 100 schnelle Kniebeugen zu machen? Das ist möglich und dennoch geht bei den meisten dabei ein Aspekt verloren: die korrekte Ausführung. Nimm jetzt 10, 20 oder 100 Kniebeugen und führe diese anatomisch und biomechanisch korrekt aus und du wirst merken, dass dein Körper eine vollkommen andere Leistung erbringen muss! Deine Muskeln werden sich bei langsam und korrekt ausgeführten Übungen komplett anders entwickeln, als bei Übungen die schnell und in häufigen Wiederholungen ausgeführt werden! In der langsamen Ausführung zeigen sich gleichzeitig die "Schwachstellen", die in der Schnelligkeit überspielt und verdeckt werden können. Du wirst direkt erkennen, welche Muskeln Training benötigen, wenn du zum Beispiel eine Liegestütze in Zeitlupe ausführst. 


Das Gleiche gilt für das Training mit deinem Pferd oder deinem Hund! 

Schritt ist nicht umsonst die schwierigste Gangart, denn du kannst durch Schnelligkeit nichts verdecken oder verschönern. Schnelligkeit macht den Schritt kaputt und führt zu Verschiebungen, die sich letztendlich im Pass zeigen. Trainierst du mit deinem Pferd (langsam bedeutet nicht schläfrig, träge oder stagnierend!) Bewegungsabläufe und Lektionen hin und wieder in "Zeitlupe" auszuführen, wirst du schnell erkennen welche Muskeln es zu trainieren gilt! Und gleichzeitig ermöglicht die langsame und gezielte Ausbildung dir, dich während des Reitens einzufühlen. Es ermöglicht dir zunächst dich selbst und anschließend dein Pferd in seiner Gesamtheit wahrzunehmen und zu spüren.

 

Nach einem bewussten Training bei dem du und dein Pferd die Zeit und Ruhe hatten Neues zu lernen, anzuwenden, zu integrieren und zu erfahren, werdet ihr beide in euch Ruhen. Ihr werdet tiefe Zufriedenheit und Stille wahrnehmen. Ihr werdet Kraft und Stärke aufbauen bis "die Frucht wirklich reif ist" und wenn der Tag gekommen ist und ihr beide bereit seit, werdet ihr alle Lektionen dieser Welt korrekt und schön ausführen können.

 

Ihr beide werdet durch schönes und harmonisches Training einen schönen und harmonisch bemuskelten Körper bekommen, mit dem ihr schöne Bewegungen ausführen könnt. Beispiele und Unterschiede könnt ihr neben dem Pferdesport selbst wundervoll bei Yogalehrern beobachten. Jene die sich für ihre Praxis Zeit nehmen Bewegungen korrekt und langsam auszuführen und dadurch Muskeln und Kraft entwickeln, haben einen harmonischen und schönen Körperbau. Ihre Yogapraxis ist wunderschön anzusehen und ist für den Beobachter sehr inspirierend und bewegend! Die Dynamik und schnelleren Bewegungsabläufe kommen mit der Zeit und der korrekt entwickelten Muskelkraft von ganz alleine hinzu. Sie sind jedoch nicht das Ziel, welches es möglichst schnell zu erreichen gilt!

 

Wenn ihr euch und eure Tiere oder auch eure Wahl von Produkten betrachtet, denkt darüber nach zu und mit welchem Preis eure Entscheidungen kommen! Seit euch über Folgen und Langzeitauswirkungen klar und wählt weise!

Erfahrt die Unterschiede zwischen: schneller, besser größer und langsam, gezielt, korrekt. 

Und lernt für euch bewusst zu entscheiden, wann ihr welche der zwei Formen mit ihren jeweiligen Konsequenzen wählt!

 

Sonntag, 3.01.2020

Kontakt

Valerie Caspary

Praxis für Osteopathie & Naturheilkunde
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